Bevor ihr meine Meinung zum Thema lest, solltet ihr das Video zur Aktion kennen. Es ist nicht zwingend erforderlich, aber von Vorteil. Darum hier, jetzt, für euch:
Ich habe mich ein bisschen mit der Thematik befasst und muss sagen: ich war verwirrt. So viele Unterstützer und mindestens genausoviele Kritiker. „Woher die Kritiken?“ habe ich mich gewundert, wollte das Video doch die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich ziehen- was es geschafft hat. Weltweit. In epidemischem Ausmaß, ja geradezu in einer Sintflut des politischen Interesses.
Eine Pro und Kontra- Liste sollte mir helfen, wollte ich doch von Anfang an einen Artikel hierüber schreiben. Es überwog das Pro. Sogar Ausreden, warum es legitim ist, dass 2/3 der Gelder für Lobbyarbeit und Werbung (Plakate, Filme, Buttons, Publikationen etc) draufgehen, habe ich mir zusammengereimt.
Wie das Video aufgemacht ist finde ich tatsächlich gut (bis auf die Tatsache, dass der Sohn des Regisseurs eindeutig zu oft herangezogen wird. Niedlich ist er ja, aber eben kein betroffener schwarzer Junge aus den Armutsvierteln Ugandas, sondern ein blonder, weißer Junge aus wohlbehütetem und offensichtlich wohlhabenden Elternhaus in den USA). Kritiker sagen, es sei zu emotional. Doch Emotion ist das Mittel schlechthin, um Menschen zu bewegen, aktiv zu werden. Ein solcher Beitrag ist wirksamer als ein neutraler Bericht – von den Grausamkeiten in den Nachrichten werden die meisten ja auch nicht mehr schockiert. Den Erfolg des Videos sieht man an seiner viralen Verbreitung ganz deutlich. Leider fehlen mir aber trotzdem neutrale Informationen.
Weiterhin positiv zu bewerten ist, dass die Organisation hinter dem Kurzbericht, Invisible Children, Schulen und Frühwarnsysteme baute und somit direkt vor Ort half.
Doch leider endet meine neue, überarbeitete Positiv-Listenseite hier bereits. Das Negativ ist so massiv und brüllt so laut, dass es selbst solche positiven Dinge übertönt.
Das Video ist in der Tat keineswegs zeitgemäß. Es wird spekuliert, dass Kony bereits tot ist. De facto ist er jedenfalls nicht mehr in Uganda, denn er floh schon vor 6 Jahren. Die LRA ist im Kongo, dem Südensudan und Zentralafrika aktiv, nicht mehr in Uganda. Mittlerweile haben die Menschen in Uganda ganz andere Probleme. Sie sind unterversorgt. Sie haben keine Arbeit. Krankheiten, wie etwa die Nodding Disease, eine relativ neue und unheilbare Krankheit, die Kinder zwischen 5 und 15 Jahren betrifft und für physische und psychische Behinderungen sorgt, raffen die Menschen dahin.
Auch die ugandische Armee ist äußerst zweifelhaft. Diese noch mit Waffen zu unterstützen ist ein Frevel. Und nach amerikanischem Vorbild alle Zivilisten zu bewaffnen geht früher oder später definitiv nach hinten los, wie wir das ja beim „großen Bruder“ hinterm Meer beobachten können.
Was mich aber am stärksten an der Echtheit des Videos zweifeln lies, ist die Tatsache, dass im Jahr 2010 Öl in Uganda gefunden wurde. Das erklärt für mich einzig und allein, warum die USA aktiv werden. Denn sind wir mal ehrlich: die Regierung der USA interessiert sich für afrikanische Probleme und kinderstehlende Warlords? Also bitte! Wer glaubt denn das noch?
Vielmehr denke ich, dass unzählige Menschen (mich eingeschlossen) auf eine ausgeklügelte PR-Strategie hereingefallen sind, die schon benutzt wurde, um die Invasion von Afghanistan und dem Irak legitim wirken zu lassen. Denn da saßen ja auch böse Menschen, die die Personifizierung des Satans darstellten. (Ganz zufällig saßen sie dabei auf Öl…)
Was lernen wir daraus?
Hilfsaktionen sind eine heikle Sache. Man sollte sie IMMER hinterfragen, denn es befinden sich auch hier oft schwarze Schafe unter den eigentlich guten Zwecken- was äußerst traurig stimmt, denn es zeigt, wozu wir in unserer westlichen, kapitalorientierten Welt verkommen sind.
Ein Kommentar zu „Kony 2012“