Heute ist Earth Overshoot Day.
‚Was ist das denn?‘ fragt ihr euch jetzt.
Das ist der Tag im Kalenderjahr, der die Grenze markiert, an dem die Nachfrage nach Lebensmitteln das natürliche Angebot übersteigt. Ab hier muss alles weitere künstlich erzeugt werden. In Treibhäusern, Zuchtanlagen, Labors.
Dieses Ungleichgewicht liegt entweder an der Überbevölkerung der Erde oder an einer Maßlosigkeit mit Lebensmitteln. Ich würde sagen: beides. Da es außer Frage steht, am ersten Punkt auf die Schnelle was zu ändern, sollten wir etwas am zweiten tun.

Wir konsumieren viel zu viel. Kaufen, Fressen, Kaufen, Fressen. Wir essen mehr als wir müssten, ich schließe mich da nicht aus. Hunger und Appetit treten ständig in Kampf miteinander und am Ende scheint doch oft der Appetit zu siegen. Die Lust am Essen.
Klar, das zu ändern ist schwer und eigentlich will man es auch gar nicht. Aber ich plädiere dafür, dass jeder wenigstens ein kleines bisschen ändert. Die zweite Scheibe Brot eben nicht mehr isst, nur weil der Käse darauf so gut schmeckt. Den Joghurt am Abend nicht noch verzehrt, weil Essen vor dem Fernseher so schön ist.
Versteht mich nicht falsch, ich selbst bin der größte Genießer. Aber so unsinnige Mahlzeiten müssen eben einfach nicht sein. Wenn die -mal ganz utopisch- jetzt wegfallen würden, hätten wir eines der moderneren Krankheitsbilder der westlichen Welt vielleicht bald los: Adipositas.
Was ganz gravierend ist und auf keinen Fall weggelassen werden sollte: wir schmeißen zu viel weg. Ich kann nur immer wieder darauf verweisen. Privathaushalte schmeißen an sich schon viel zu viel weg, eben weil man Dinge kauft, die man doch nicht isst und die dann schlecht werden. Viel schlimmer als jeder Privathaushalt sind dagegen vor allem Discounter. Klar, wenn man so ein riesiges Angebot hat, ist es ja logisch, dass nicht alles unter die Leute gebracht werden kann, denn irgendwann ist dieser Markt gesättigt. (Haha Wortspiel.)
Da ist sogar zu viel über, um das alles den Tafeln zu spenden. Woah, nicht?

Ein kleiner Bruchteil davon wird durch Containern wieder reingeholt, auch wenn sich das oft in einer rechtlichen Grauzone befindet oder sogar ganz illegalisiert ist. Aber selbst das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wenn man sich versinnbildlichte, wie viel weggeworfen wird, würde man irre werden.
Was kann der Einzelne im Endeffekt also tun, um das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auszubalancieren?
Schlichtweg: Maß halten. Nicht verschwenden. Und nachdenken.
Simmel sagte einmal, man solle nicht mit dem Geld sparen, sondern mit den Dingen. Er schrieb das kurz nach dem Deutsch-Französischen Krieg, als die Nahrungsmittel knapp waren.
Eigentlich haben wir ja heute keine Knappheit, oder? Im Prinzip ja schon, denn wie schon gesagt, übersteigt die Nachfrage das Angebot. Nur eben anders als zu Simmels Zeit. Und deswegen müssten wir eigentlich genauso sparsam mit dem Essen sein wie damals.
Simmel meinte damit auch, dass derjenige, der sich teure Produkte leisten kann, diese auch nutzen soll, statt das begrenzte Kontingent an billigem Essen den Armen wegzunehmen, die darauf angewiesen sind. Im übertragenen Sinne auf heute gemünzt, sollte man also durchaus auch einmal mehr für sein Essen ausgeben, wenn man denn kann. Das hat heute nicht mehr nur etwas mit der Qualität zu tun, sondern auch mit ökologischem Bewusstsein, mit Fair Trade, mit biologisch verantwortungsvoll hergestellter Nahrung.
Paradoxerweise haben wir heute einen Überschuss an billigen Waren und gerade Bio- und Fair Trade- Produkte sind begrenzt. Doch auch von denen wird nicht alles genutzt. Greift also darauf zurück, sofern ihr es euch leisten könnt. Es ist nur eine weitere Kleinigkeit, doch auch kleine Schritte führen irgendwann zum Ziel.
Und dieses Ziel ist den Earth Overshoot Day wieder nach hinten zu verschieben. Er rückt immer weiter nach vorn. 1993 war er noch am 21. Oktober. Und er verschiebt sich immer schneller.
Tut etwas, auch wenn es euch noch so bedeutungslos erscheint.
