Im Buchenwald – Außenlager Jonastal wurde eine Gedenktafel verbogen. ZDF Thüringen twitterte ein Bild:
Die Gedenktafel für die Opfer der Buchenwald-Außenlager im Jonastal wurde verbogen. Staatsschutz ermittelt. Ein Foto: pic.twitter.com/n48QkN1Bx4
— ZDF Thüringen (@ZDFerfurt) 4. April 2015
Der Tweet wurde retweetet, das Bild wurde verbreitet. Auch Herr Ramelow, Thüringens Ministerpräsident, zeigte den Tweet auf seiner Facebook-Seite.
Die dortigen Kommentare verkündeten Entrüstung, Entsetzen und Mitgefühl. Mancher forderte, dass „jemand einmal etwas” unternimmt. Insgesamt war die Stimmung von Wut und Aggression geprägt.
Nun stimme ich zu, dass ebensolche symbolische Taten Zorn verursachen und in ihrer Lokalität eines ehemaligen KZ auf einer Ebene agieren, die sich klar unterhalb der Gürtellinie befindet. Sie greifen ein Feld im menschlichen Fühlen an, das mit einem Sinn für Anstand und Pietät beschrieben werden könnte und hinterlassen somit ein unangenehmes Gefühl, das sich nur schwer in Worte fassen lässt. Aufgrund der Stupidität und des Mangels an Sinn ensteht Unsicherheit darüber, wie angemessen reagiert werden könnte.
In diesem Fall -und da kommen wir zum kontroversen Punkt- wurde einem Täter massive Aufmerksamkeit geschenkt.
Im Normalfall ist es richtig, bei hassmotivierten Taten -und dazu zählen Rassismus und Menschenfeindlichkeit zweifellos- zu zeigen, dass es gesehen wurde und nicht toleriert wird.
In einem solchen Fall wie diesem jedoch ist aus psychologischer Sicht anzunehmen, dass die Motivation gerade in Erzeugung von Aufmerksamkeit und öffentlicher Entrüstung lag. Somit erreichte der Täter sein Ziel; er wurde quasi mit genau der Reaktion belohnt, die er sich erhoffte. Logische Konsequenz ist nun -zumindest theoretisch- eine Wiederholung ähnlichen Vorgehens, wobei dieses sehr wahrscheinlich in seiner Intensität zunimmt.
Besser wäre es in meinen Augen gewesen, das Schild zu reparieren und solchen Aktionen keinen Raum zu bieten – vor allem keine große Beachtung, die bei solchen Taten ja überhaupt erst Handlungsmotivation ist.
Am Rande möchte ich darauf hinweisen, dass nicht klar ist, ob es sich tatsächlich um eine politisch motivierte Tat oder bloß um Idiotie eines gelangweilten Vandalisten handelt. Die Symbolik ist vermutlich jedem bewusst, doch sie muss nicht immer angenommen werden. Am Ende ist auch eine beschädigte Gedenktafel für Opfer des Faschismus vielleicht schlicht ein verbogenes Schild.
„…er wurde quasi mit genau der Reaktion belohnt, die er sich erhoffte.“ So ist es. Und so ist es immer, wenn die politische Analyse durch symbolische Empörung ersetzt wird.
In den 90er Jahren wurden schnell die seinerzeitigen Anzünder einer Baracke in Sachsenhausen gefunden und verurteilt. Zu milde wie eine empörte Öffentlichkeit empfand, ohne die Zusammenhänge zu kennen. Denn der eine Täter entpuppte sich schnell als ein geistig Behinderter, dem der Richter nun weiß Gott kein hartes Urteil zumuten wollte. Aber da war sie schon: Die symbolische Empörung, „auf dem rechten Auge Blind“ usw..
Also wurde das Urteil nachgeschärft: Ein geistig Behinderter wanderte in den Knast, das war wahrlich ein großer Erfolg gegen Rechts im Lande der Euthanasie…..
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Hallo summacumlaudeblog und willkommen auf meinem Blog.
Danke für deinen Kommentar. Ja, die öffentliche Empörung kann gefährlich werden. Das hat man ja auch in Emden gesehen, als ein 17jähriger zu Unrecht für einen Mord beschuldigt wurde und sich der wütende Lynchmob bereits versammelt hatte.
In dem im Post beschriebenen Fall frage ich mich, wie die Öffentlichkeit auf einen gefundenen und bestraften Täter reagieren wird/würde. Wir werden sehen.
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Danke für deinen Blickwinkel. Was ist wenn lediglich der Hausmeister mit dem Besen hängengeblieben ist, der traut sich niemals das zu sagen nach so einem Schwall der Entrüstung.
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Das ging mir einfach durch den Kopf, als ich die Kommentare bei Facebook las. Wollte das aber so nicht dort posten, sonst wäre ich wohl zerfleischt worden. ^^
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