Als Motzer werden Individuen bezeichnet, die sich stets und unentwegt über verschiedenste Dinge negativ äußern. Im Laden haben Motzer eine große Auswahl bemotzenswerter Dinge, weswegen sich diese Gruppe auch so gern in Läden aufhält. Motzer schimpfen grundsätzlich in absoluten Adverbien¹.
Der Preismotzer
Preismotzer haben ein Problem mit Preisen. Egal ob diese gerechtfertigt sind, ein Ei in stundenlanger Arbeit aus einer mit feinstem Futter versorgten und bemutterten Henne herausgestreichelt wurde und daher preisintensiver als eines aus Qualhaltung ist – es kann dem Preismotzer nie billig genug sein. Selbst Sonderangebote mit 90% Ersparnis sind dem Preismotzer ein Ärgernis. Oft beschwert er sich, dass er „nur ein Ei und nicht den ganzen Laden kaufen“ wollte und dass man ein Brötchen „früher für 5 Pfennige bekommen“ hat. Ein handgeklöppeltes und knuspriggestreicheltes Brötchen, versteht sich.
Der Eilmotzer
Eilmotzer tun ihren Unmut vor allem an der Kasse kund. Egal, ob sie einen wichtigen Termin haben oder massig Zeit: sie drängeln, meckern über die Länge der Wartezeit und stöhnen bei der kleinsten Verzögerung auf, etwa wenn der Kunde vor ihnen das Kleingeld aus dem Portemonnaie fischt. Eilmotzer sind grundsätzlich Deutsche, denn wenn Deutsche etwas nicht können, dann ist es warten. Warten ist für den Eilmotzer nicht produktiv genutzte Zeit und daher strikt zu vermeiden.
Der hilflose Motzer
Hilflose Motzer sind eine besonders interessante Spezies. Im sonstigen Leben fest auf den Beinen stehend verlieren sie bei Betreten des Ladens Orientierungssinn und Erinnerungsvermögen, gerade so als lösche ein Supermagnet an der Eingangstüre ihre Festplattenspeicher. Sie beschweren sich noch bevor sie richtig angekommen sind darüber, dass man „hier nie etwas findet“ und „ständig umgeräumt“ wird, selbst wenn sich die Aufteilung der Waren schon seit Jahren nicht geändert hat. Schon die kleinste Änderung im Sortiment – und ist es nur eine neue Geschmacksrichtung beim Joghurt – überfordert den hilflosen Motzer maßlos. Er ist generell eigentlich nicht imstande selbst einzukaufen und versucht diese Unfähigkeit damit zu überspielen, dass er anwesende VerkäuferInnen und gelegentlich auch KundInnen in seinen Einkauf einspannt. Außerdem wälzt er jede Eigenverantwortung von sich und schiebt die Schuld am Einkaufsscheitern auf die hohen Regale, die unsinnige Aufteilung oder eine ungünstige Planetenkonstellation. Eigentlich ist der hilflose Motzer jedoch ein sensibler Mitmensch, der besonderer Hilfe und Schutz bedarf. Eine Petition zur Unterstützung des hilflosen Motzers durch speziell ausgebildete soziale Hilfskräfte ist in Arbeit.
Sollten Sie einem Motzer in freier Wildbahn begegnen ist es dringend angeraten sich ruhig zu verhalten, keine hektischen Bewegungen zu machen und um Himmels Willen: geben Sie dem Motzer niemals Kontra! Es steigert seinen Aggressionslevel in Höhen mit unberechenbaren Konsequenzen. In einem solchen Extremfalle werfen Sie sich auf den Boden und warten Sie auf Hilfe. Und hoffen Sie das beste.
¹ Absolute Adverbien: z.B. immer, nie. Powered by Capitano.
Schön erzählt, mit scharfem Auge beobachtet. Zähle mich selbst zur Gruppe 3, ich würde es schaffen, in einem Supermarkt zu verhungern, würde ich mal übers Wochenende versehentlich darin eingeschlossen.
Allerdings würde ich nie Personal oder andere Kunden um Hilfe bitten. Ein Kapitän braucht keine Hilfe, er verendet lieber vor dem Spirituosenregal.
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Dankesehr, my dear.
Ein hilfloser Motzer also, soso. Ein wahres Ekel oder still vor dich hin motzend?
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Weder noch. Eher so die Verzweiflung im Geiste vor mich hin murmelnd. „Ich will doch nur ein profanes Duschgel und muss mich jetzt entscheiden zwischen ‚biodynamischer 4 in 1 Peeling-Duschcreme mit Guarana- und Ginsengextrakten mit Citrus-Duft und Anti-Age-Effekt‘, ‚veganer, antibakterieller Ultra-Sensitive Powershower mit Aktivkohle und Auszügen von bei Mondlicht gemolkenen tibetischen Grunzkühen‘ und, und und…
Bei Joghurt, Speiseölen und Frischkäse der gleiche Mist. Und dann lege ich mich einfach auf den Boden, heule und warte auf die Pflegerin.
Salām alaikum, meine Liebe.
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(Du kommentierst auf den gleichen Post mit 2 verschiedenen Profilen? Wie dekadent. 😀 )
Wenn das so ist, bist du kein hilfloser Motzer, sondern ein ganz normaler Mensch. Trust me, es ergeht den meisten so (mir übrigens auch), wenn sie vor den Regalen stehen und ZU VIEL Auswahl haben. Ein Motzer motzt ja. Motzt du nicht, bist du kein Motzer.
Übrigens meinte ich damit, dass sie andere in ihren Einkauf einbinden auch, dass sie sie annölen und nicht um Hilfe bitten, sondern davon ausgehen, wenn sie lange genug lautstark motzen, wird schon jemand genervt oder barmherzig genug sein, um von ganz alleine die gewünschten Artikel zu holen.
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Ich persönlich habe das Supermagnet über der Tür schon gesehen….kann mich aber leider nicht mehr erinnern wo es hing 😉
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„…knuspriggestreicheltes Brötchen“…hihi…genial!
Deine Beschreibung ist klasse. Ich könnte Dir direkt ein paar lebende Exemplare jeder Gattung vorbei schicken. Ach nee. Lieber nicht. Ich schicke Dir lieber ein paar von meiner Sorte. Ich bin ein Niemals-Motzer. Echt. Ich finde motzen ist reine Zeitverschwendung!
Alles Liebe!
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Die kenne ich in meinem Job auch. Bei uns denken die Kunden noch dazu, dass sie sich alles rausnehmen können.
LG
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Ja, bei uns haben wir solche Leute auch, die denken, dass sie das Zentrum des Universums seien und eine Kassiererin ist nur ein dummes kleines Staubkorn, das man wegschnipsen kann, wenn es beliebt.
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Nur Deutsche???? Ich bitte Dich. Da irrst Du Dich aber gewaltig , meine Liebe!
Ich habe zuletzt im Urlaub gedacht: „Es gibt bestimmt kein anderes Volk, das ungeduldiger ist als unsere Türken“
Ey, da stehst du an einer roten Ampel (allein das sie da überhaupt anhalten ist schon unglaublich) und kaum dass es gerade mal gelb leuchtet…genau in dieser ersten Sekunde fangen sie schon hinter dir zu hupen an, wie verrückt, falls du die Frechheit besitzt, doch erst grün abzuwarten. Was in den Geschäften so alles abgeht, das lasse ich jetzt einfach mal. Das würde zu lange dauern:)
LG
Ayse
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Oh, okay. Da habe ich einfach nicht genügend ähm „Studienmaterial“ – dachte immer, die Deutschen seien da die Schlimmsten. Na, vielleicht passen Deutsche und Türken ja deswegen so gut zusammen. 😀
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