Na, Ostern überstanden?
Bei uns hat der Osterhase das WLAN versteckt, weswegen es auch keine Freitagsfragen gab. So sehr es mich genervt hat, so produktiv war ich am Ende des Tages aber auch. Was mich zum Nachdenken brachte. Warum verschwende ich so viel Zeit im Internet, auf Spaßseiten, auf Facebook, mit Spielen? Dieses Prokrastinieren ist ziemlich blöd, es macht unglücklich und unzufrieden.
Anfangen. Man muss nur anfangen zu arbeiten und dann geht es. Dieses Anfangen fiel mir seit eh und je schwer. Jordan B Peterson, ein kanadischer Psychologe, schrieb in seinem Writing Guide, einem Essay über das Schreiben guter Essays (sehr empfehlenswert! Wenn ihr bessere Essays schreiben wollt, ist der Text ein Muss!), dass man sich hinsetzen muss und mehr oder weniger zwingen anzufangen. Die Gedanken werden rebellieren, doch nach einer Weile hören sie damit auch wieder auf und man arbeitet und es ist gar nicht schlimm. Je länger man das macht, desto kürzer wird die Zeit bevor die Gedanken klar und fokussiert sind, doch es wird nie aufhören, dieses Gedankendriften wenn man anfängt.
Überhaupt habe ich in letzter Zeit viel gedacht und gelernt. Ich habe TedTalks für mich entdeckt und das tägliche Lesen. Ich bereite mich auf meine Kurse vor, die in ein paar Tagen anfangen, schaue Dokus, lese Fachtexte und denke nach.
Wie froh ich sein kann, in dieser Zeit und in diesem Teil des Erdballs geboren zu sein. Vor 100 Jahren endete ein bestialischer Krieg, Familien waren zerstört und viele überlebende Soldaten waren verstümmelt, körperlich wie geistig. Deutschland war vernichtet. Eine kurze Zeit des Aufschwungs und ein wenig Freiheit, bevor der Kontinent erneut im Chaos versank. Wenn man seine Angehörigen nicht im letzten Krieg verloren hatte, verlor man sie in diesem. Oder man wurde von seinem eigenen Land, für das man in den Jahren zuvor arbeitete und sich verbog, von seinen eigenen Landsleuten, Nachbarn, Kollegen verraten, gedemütigt, gequält, ermordet.
Erneute Niederlage Deutschlands, in Thüringen und anderen Teilen kamen erst die Alliierten und nahmen sich mit, was sie gebrauchen konnten und dann kamen die Russen und nahmen den Rest. Ein Volk, das sich keine 70 Jahre zuvor den Nationalstatus erkämpft hat und 1871 damit endlich die ersehnte Einigung erbrachte wurde wieder gespalten und so sehr mit Hass und Propaganda gegen die jeweils andere Seite vollgestopft, dass diese Hirnwäsche auch 30 Jahre nach der Vereinigung noch wirkt – bei nachfolgenden Generationen, die nach dem Mauerfall geboren wurden und das indoktrinierte Erbe ihrer Eltern weitertragen.
Ich kann froh sein, dass ich in einer Zeit des Friedens lebe und große Freiheiten genieße. Würde ich meine Sachen packen und auswandern wollen, könnte mich keiner daran hindern. Menschen können ihre Persönlichkeiten finden und ausleben, ohne dafür in Gulags oder Psychiatrien gesperrt zu werden. (Meistens jedenfalls.) Ich bin nicht an den Status meiner Familie gebunden sondern kann in der gesellschaftlichen Hierarchie nach oben klettern. Studieren wird mir erlaubt, auch wenn meine Eltern nicht Mitglieder in einer (der einzigen) Partei sind.
Genug der Geschichte und des Lamentierens. Wie geht es sonst?
Das Mäuschen wächst rasant. Pünktlich zu ihrem neunmonatigen Geburtstag überraschte sie uns mit der Fähigkeit zu krabbeln und sie wird immer besser. Sie isst gerne und sie ist nicht wählerisch. Sie entwickelt Humor und entdeckt ihre Gefühlswelt, was nicht immer einfach für uns Eltern ist, aber doch interessant zu sehen. Wir haben einen Kindergartenplatz in einer wirklich schönen Kita für sie, in weniger als einem halben Jahr starten wir ganz langsam mit der Eingewöhnung.
Dann haben Mr. Englisch und ich mehr Zeit für Uni und Arbeit und vor allen Dingen für uns. Es ist wirklich nicht leicht für uns gewesen. Diese erste Zeit des Zusammenlebens ist nie leicht. Man lernt den anderen auf eine ganz andere Art und Weise kennen, findet seine Macken sozusagen. Es bedarf vieler Diskussionen und Verhandlungen um Kompromisse zu finden, sodass beide Seiten zufrieden sind.
Bei uns kamen aber noch zwei bedeutende Aspekte hinzu. Zum einen kommen wir aus ganz anderen Lebenswelten, einerseits aus verschiedenen Ländern, andererseits aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten. Zum anderen ist da natürlich noch unsere Tochter. Selbst langjährige Beziehungen können scheitern oder ins Straucheln kommen, weil es nicht einfach ist, sich auf diese gänzlich neue Lebenssituation einzustellen und den Druck und Stress zu managen, den die Verantwortung für ein Menschenleben mit sich bringt.
Wir sind aber auf einem guten Weg, denke ich.
Ansonsten habe ich meine Ernährung umgestellt, mache Sport und verliere fleißig Babypfunde. In nächster Zeit werden vier neue kleine Menschlein in meinem Freundeskreis das Licht der Welt erblicken und ich bin erfreut und gespannt auf jeden Einzelnen von ihnen. Weitere Zwerge sind in Planung und auch darauf freue ich mich.
Wir waren in England, bald kommt England zu uns und im Sommer geht’s für eine längere Weile an die Küste, wo wir von Püppis Großeltern umsorgt werden und ich in Ruhe meine Hausarbeiten schreiben kann. Ich freue mich zurück zur Uni zu gehen, zu arbeiten und eben nicht bloß Mutter und Hausfrau zu sein – auch wenn ich das genossen habe und noch genieße, aber ich muss auch raus in die Welt und meinen Geist füttern. Zudem sehe ich Freunde wieder und habe nebenbei etwas mehr Zeit für mich ganz allein. Psychische Hygiene ist eben auch wichtig.
Und bei euch so?
Wer bis hier gelesen hat, hat sich ein Fleißbienchen ins Muttiheft redlich verdient.
Da hab ich mir doch das Fleißbienchen verdient 😉
Hauptsache, ihr arbeitet auch weiterhin und immer und vor allem auch gern an eurer Beziehung. Vor allem aber niemals aufgeben und immer dran denken, wenn es mal nicht so gut läuft: das ist alles nur eine Phase und wird irgendwann besser.
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Ja… weniger Facebook kann nicht schaden. 👍
Echte Beziehungen bringen in echt auch mehr Energie und Wohlbefinden. Und bei dem Wetter… (hier Sonne mit 18 Grad) natürlich mit dem Nachwuchs an die frische Luft gehen 😉
Lg 🌸
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Melde mich auch als Fleißbienchen! ;D
Ostern war bei mir auch eher Internetfrei, bis auf meinen montäglichen Blog und ein paar kurze Spielchen in den frühen schlaflosen Morgenstunden. Ansonsten seelisch und körperlich echt anstrengend, aber es ist vorbei und ich freue mich auf das nächste entspanntere Wochenende.
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