An der Kasse begegnet man so allerlei Kunden, die man grob in Gruppen einteilen kann. Diese möchte ich euch gerne vorstellen.
Teil 1 also: Die Omis. Warum Omis und keine Opis? Ganz einfach: ältere Herren sind noch einmal ganz anders und verdienen daher eine eigene Kategorie.
Omis sind für mich Frauen ab etwa 60. Sie bilden eigentlich die Hauptgruppe der Kunden, so kommt es mir zumindest vor. Vielleicht liegt das aber auch nur an dem Viertel, in dem ich arbeite, who knows?
Man könnte sie noch einmal einteilen in die, die als „rüstige Rentnerinnen“ durchgehen könnten, dann solche, die wie liebevolle Omis aus den Märchen wirken (♥!) und wieder andere, die eher zur Sorte der Hausdrachen gehören.
Die „rüstigen Rentnerinnen„, die ich nur wegen dieser bescheuerten Alliteration so nenne, sind immer gut gekleidet -und zwar nicht aus den Klamottendiscountern, sondern schon aus höherpreisigen Läden. Ja, das sieht man. Auch schminken sie sich eher auffällig und gerne bunt und tragen Parfum, riechen außerdem nach Cremes. Ich weiß, das sind alles Äußerlichkeiten, aber damit sind die Damen tatsächlich auffallend genug, um sie so einzuordnen.
Und klar, diese Unterschiede gibt es in jeder Altersgruppe, doch offen gesagt sind die Unterschiede bei Älteren doch gravierender. Die Kluft zwischen gut situiert und arm wie ein Kirchenmäuschen scheint sich bei den Rentnern wesentlich krasser bemerkbar zu machen als bei Jüngeren. Es gibt auch -leider nicht wenige- Alte, denen man ansieht, dass ihre Rente gerade so zum Überleben reicht. Ihre Kleider sind abgetragen und für Schnickschnack wie Makeup ist kein Platz im Budget. Diese -meine- Vermutung stützt sich darin, dass die einen Markenprodukte kaufen und die anderen ausschließlich Angebote und Hausmarken. Außerdem zahlen die einen überwiegend mit großen Scheinen, während die anderen ihr Kleingeld zusammenkratzen. Neulich musste eine Omi aus der zweiten Gruppe sogar ihre Milch da lassen, weil das Geld doch nicht mehr reichte. Das hat mir fast das Herz gebrochen und am liebsten hätte ich sie ihr geschenkt, aber das darf ich natürlich nicht. Genauso wenig wie andere Kunden zu fragen, ob sie nicht… Hach. In diesem Beruf muss man manchmal wirklich eisern bleiben und eigene Empfindungen abstellen.
Genug von den Äußerlichkeiten und von Altersarmut.
Märchenomis, so nenne ich sie jetzt einfach, sind wahnsinnig liebreizend, immer freundlich, lächeln und sagen mir als Kassiererin auch einmal etwas Nettes. Eine Märchenomi freut sich immer, dass ich so nett lächle und dadurch lächle ich natürlich noch mehr. 😀 Andere halten ein kurzes Schwätzchen, ohne über irgendwen oder irgendetwas zu meckern. Sie lachen auch mal, wenn ich etwas witziges sage -das mache ich bei den Märchenomis manchmal- und scheinen dann vollkommen zufrieden zu sein. Manchmal haben sie ihre Enkel dabei und kaufen ihnen allerhand Dinge: Zeitschriften, Süßkram, Spielzeug, Süßkram… ach ja: und Süßkram. Märchenomis sind meine Lieblingskundinnen, das sage ich ganz offen, denn durch sie fühle ich mich gut und bestätigt und habe wieder mehr Reserven für die dritte Gruppe.
Die Hausdrachen. Oh ja, die Hausdrachen. Sie speien Feuer und zertrümmern die Stadt. Im übertragenen Sinne, natürlich. Hoffe ich. Zugegeben, Hausdrachen sind selten. Aber wenn die an deiner Kasse waren, bleiben sie dir für den Rest der Woche in Erinnerung. ‚Schwör, ey!
Sie haben immer irgend etwas auszusetzen. Und zwar immer etwas, das ich an der Kasse nicht beeinflussen kann, aber volle Breitseite abbekomme. Statt die Kollegen im Laden ganz einfach zu fragen (und es wuseln immer Kollegen im Laden!), stellen sie sich nämlich lieber an die Kasse und schimpfen. Laut. Anhaltend. So, dass es jeder Mensch im Umkreis von 20 Metern mitbekommt. Es gibt sogar einige spezielle, die andere Kunden mit anstacheln wollen: „Stimmt’s? Habe ich Recht? Sie sehen das doch auch so?!“ Egal was ich sage, egal wie gut der Grund ist, weshalb ich ihr leider in diesem Augenblick nicht weiter helfen kann, zum Beispiel weil es das gesuchte Produkt nicht gibt, etwas eben am Samstagabend einfach ausverkauft ist oder die Rabattaktion o.ä. nunmal zeitlich begrenzt war: ich habe Schuld. Überhaupt sind Kassierer, so scheint es, für einen Hausdrachen die Wurzel allen Übels und müssen daher den Frust, der sich in den letzten Tagen, Wochen, JAHREN angestaut hat, aushalten und gefälligst ausbaden. Nun bin ich grundsätzlich immer höflich, bleibe trotz allem freundlich, entschuldige mich auch stellvertretend für alle Übeltäter ihres bisherigen Lebens. Doch als es neulich schwül und drückend war und ich ohnehin Probleme hatte, mich zu konzentrieren und ehrlich gesagt auch die Schnauze voll hatte, schaffte es ein Hausdrache doch, meinen Geduldsfaden reißen zu lassen. Nein, ich habe nicht zurück geschnauzt. Meinen Arbeitsplatz will ich ja noch behalten. Ich zog mich entschuldigend kurz zurück, ich wolle im Büro nachsehen und atmete dort -nach einem kurzen Frustgrummeln- erst einmal tief durch. Leute gibt’s, die gibt’s gar nicht!
Ja, es gehört zu meinem Beruf, mir Sorgen und Probleme von Kunden anzuhören und entsprechende Konsequenzen daraus zu ziehen. Aber ehrlich: man kann es auch übertreiben. Und ich bin auch nur ein Mensch, habe auch einen manchmal sehr anstrengenden Job und verfüge über begrenzte Energien und Handlungsspielräume. Und ganz ehrlich liebe Hausdrachen: manchmal sollte man auf der Suche nach Missständen lieber bei sich anfangen.
P.S.: Liebe Märchenomis: Bleibt ganz genau so, wie ihr seid. Ihr seid Zucker! ♥
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