Auf dem Arbeitsamt (2)

Donnerstag war mein zweiter Auftritt im Jenaer Arbeitsamt. Genauer gesagt hatte ich einen Termin beim Berufsberater. Und zwar bei einem, der extra für Studienabbrecher da ist.

Ich gebe zu: ich war mehr als skeptisch vor diesem Termin. Begründet ist das darin, dass mein letzter Berufsberater, bei dem ich vor 8 Jahren nach dem Abi war, -mit Verlaub- ein Vollhonk war. Ich weiß nicht, ob er einfach nur überfordert oder bocklos war. Aber er legte jedem, aber auch JEDEM nahe, doch Lehrer zu werden. Selbst denen, die ganz offensichtlich nicht dazu gemacht waren. Er hat damals bei mir alles angeleiert und mehr oder weniger seinen Anteil an meinen Umwegen. Nicht, dass das jetzt alles doof gewesen wäre. Ohne diesen Strutz hätte ich nie meinen besten Freund kennen gelernt, hätte diesen Blog nicht und würde euch jetzt nicht hiervon berichten. 😉

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So ging ich also zum Berufsberater in dem Gedanken, dass sicher nicht viel dabei rumkommen würde, es aber auch nicht schaden könne, mal vorbeizuschauen.

Zunächst musste ich ein wenig warten, bis ich aufgerufen wurde. Ich wartete nicht alleine. Bei mir saßen zwei Typen, etwa in meinem Alter. Ich muss ja mal sagen: das ist vielleicht kein Vorstellungsgespräch und entscheidet auch nicht über Leben und Tod. Aber so halbwegs was Vernünftiges kann man da doch schon anziehen, oder? Es war nicht so krass wie letztes Mal, als ein Junge in Baggypants, XXXXXL-Shirt und Blingbling um den Hals neben seiner Mutter saß, der das ärmellose grellpinke Oberteil mindestens 2 Nummern zu klein war und das auch kaum von ihren Kalkstampfern in kurzer Jogginghose ablenkte. Aber trotzdem… Der Typ in Achselshirt, Hüfthose und Karoboxershort wirkte irgendwie sehr stoned. Ist nicht mein Problem. Fand ich nur etwas merkwürdig. Schließlich ist auch ein Termin bei der Berufsberatung wenigstens halboffiziell.

Schließlich rief mich Herr B. auf und geleitete mich in sein Büro. Er war mir auf Anhieb sympathisch. So ein warmes Lächeln und leuchtende Augen! Fühlt man sich wenigstens für eine Weile nicht mehr so verloren im Kampf um den Ausbildungsplatz.

Ich erzählte ihm von meinem Studium und wo ich mich schon beworben habe; auch, dass ich mir ein Duales Studium in Richtung BWL und Co. absolut nicht vorstellen kann (war ein Vorschlag) und was ich gut kann. Er hat begriffen, dass ich einen Input brauche und mir diesen prompt geliefert. Seine Vorschläge, was zu mir passen könnte, waren wirklich gut. Fast, als hätte er mich gekannt und schon eingeschätzt.

Was ich mir von diesem Termin erhofft habe, bekam ich auch. Ich habe jetzt weitere Ideen für Berufsrichtungen und obendrein bekomme ich noch ein paar Adressen, die so nicht im Jobportal stehen. Warum mir das nicht direkt ausgedruckt und in die Hand gedrückt wird, sondern per Post geschickt, verstehe ich nicht so ganz. Würde ja kostbare Zeit und auch Geld sparen. Aber naja, damit muss ich mich wohl abfinden.

Dieser Termin war also ein voller Erfolg. 🙂

Und er sagte etwas zu mir, das mich sehr beruhigt hat:

Um Sie mache ich mir keine Sorgen! Sie finden bald etwas!

(Sollte ich dennoch bis Mai nichts haben, sollte ich noch einmal vorbei schauen. Auch wenn er mir sympathisch war: hoffentlich muss ich das nicht!)

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Auf dem Arbeitsamt (1)

Der Gang zum Arbeitsamt gehört zu denen, die man ungern antreten mag. Und weil es mir da nicht anders geht, habe ich ihn immer weiter hinaus geschoben. Bis vergangenen Donnerstag.

Da packte ich all meinen Mut und meine Unterlagen zusammen, um tapfer dem großen roten A entgegen zu reiten. Ich war voll motiviert, diesen Schritt endlich hinter mich zu bringen. So motiviert, wie ein Schwein auf dem Weg zum Schlachter sein muss.

Dort angekommen ließ ich mich im Angesicht dieses wundervoll hässlichen Gebäudes zu einem verwackelten Photo hinreißen. Man beachte die rote Ampel, die im Nachhinein auf komisch-tragische Weise ein gutes Sinnbild abgibt.

Arbeitsagentur Jena

Ich ging hinein und bahnte meinen Weg zur Anmeldung. Dort wurde ich freundlich empfangen. Ich krächzte meinen Wunsch -meine Stimme war nach der Erkältung doch noch nicht ganz wiederhergestellt- und man nahm meine Daten auf.

„Ach, Sie haben zu Weihnachten Geburtstag? Ist das nicht doof?!“

Ich dachte: Fängt das schon wieder an? Ich hatte so lange Ruhe davor!

Ich sagte: „War die ersten Jahre etwas komisch, aber dann hab ich mich dran gewöhnt…“

Kurzes Lachen. Ich kläre sie darüber auf, dass ich durchgefallen bin mein Studium vorzeitig beenden werde, jedoch noch nicht exmatrikuliert bin. Und dann sagt sie den einen Satz, der mich für die nächsten Stunden ankotzen wird:

„Tut mir leid, aber Sie können sich nicht arbeitslos melden!“

Hintergrund: Man braucht unbedingt die Exmatrikulation dafür. Diese wird mir irgendwann in den nächsten Wochen zugeschickt, doch die Exmatrikulation findet rückwirkend zum 31.3. statt. Nun ist es aber so, dass man spätestens zum ersten Tag der Arbeitslosigkeit dort vorstellig werden muss (also am 1.4.) – mitsamt sämtlicher Unterlagen. Tut man das nicht, kriegt man Ärger.

Deutschland, deine Bürokratie.

Da ich weder Bock auf Ärger habe, noch darauf, monatelang ohne Geld dazustehen, weil die Bürokratie wieder voll zuschlägt, werde ich mich quasi eigenständig exmatrikulieren müssen und dafür wieder bei 4 verschiedenen Stellen vorstellig werden.

Ich hab so Lust. Nicht.

Aber was soll’s, da muss ich jetzt durch. Wenn schon Scheiße, dann Scheiße mit Schwung. Ein bisschen Leiden wegen des verkackten Studiums, das meinen Lebensmittelpunkt darstellte, reicht schließlich nicht aus. Da muss noch mehr kommen.

Etwas demotiviert ging ich dann noch zur Abteilung für Berufsberatung. Kann ja nicht schaden.

Die Frau dort war auch nett, aber etwas… wie soll ich sagen? Ich habe mich nicht ganz ernst genommen gefühlt.

Es fing schon damit an, wie sie meinen Nachnamen aussprach. Leicht belustigt. Und mein Nachname ist nicht wirklich lustig. Höchstens niedlich. Aber nix zum Lachen…

Und dann ging es wieder los:

„Ach, Sie haben zu Weihnachten Geburtstag?!“

Ich dachte: Herrgott nochmal, hört das denn nie auf?!

Ich sagte: „Jaaaaaaaa…..“

„Oh, dann sind Sie ja ein kleiner Weihnachtsmann.“

Ich dachte: Ich spring dir ins Gesicht!!!

Ich sagte: „Weihnachtsfrau, wenn ich bitten darf!“

„Hahahahaha, ja, das wohl. Ist das nicht blöd?!“

Ich dachte: OMFG HALT DEN RAND!!!!

Ich sagte: nix. Nee, irgendwann reichts.

Ernsthaft Leute. Jeder Spruch, jeder Witz, jede noch so gescheit erscheinende Bemerkung: ich habe sie alle gehört. Verkneifts euch! Der 24.12. ist ein Tag wie jeder andere auch. Es ist nichts besonderes dabei. Zufall, verdammt.

Nachdem ich ihr meinen gesamten Werdegang seit dem Abitur erzählt habe, für den ich selbst nochmal in meinen Lebenslauf schauen musste (ups!), ein entsetztes „NOCH EIN STUDIUM?!“ herunterschlucken musste, nachdem ich sagte, dass ich mir auch ein Duales Studium vorstellen könnte, entließ sie mich mit einem kleinen Zettelchen in der Hand, auf dem mein Termin mit dem extra auf Studienabbrecher spezialisierten Berufsberater steht. Schön, dass es so etwas gibt. Ich bin gespannt auf den Termin.

Er ist Donnerstag. Montag und Freitag habe ich jeweils ein Vorstellungsgespräch. Mal sehen, wie mein Wochenrückblick nächste Woche aussehen wird.