Hans Fallada ist einer der Autoren, die mich mit ihrer Schreibweise in ihren Bann ziehen können. Neben ihm können das vielleicht noch Walter Moers -zumindest mit seinen älteren Zamonienromanen- und Edgar Allan Poe.
So war es also klar, dass als erstes Buch zu meiner 30-Tage-Lesechallenge ein Fallada-Roman her musste. Außerdem qualifiziert er sich noch für die Histo-Roman-Challenge von Kat auf Zeitfäden, sehr interessant, schaut da mal rein! Und zwar gehört es da zur ersten Aufgabe, ein Buch in meiner Lieblingszeit zu lesen.
Der Roman spielt um die Zeit des ersten Weltkrieges, beginnt 1909 und endet ca. 1935. Nachdem sein Vater stirbt, entschließt sich der nun Vollwaise Karl Siebrecht nach Berlin zu gehen, statt den väterlichen Betrieb zu übernehmen. Karl ist 16 Jahre alt, als er auf der Bahnfahrt Rieke kennen lernt, eine waschechte Berlinerin, die ihm einen Start im neuen Leben verschafft. Zwei Monate später kommt Kalli dazu, ein 18-jähriger Seemann, der vom Schiff geflohen ist. Zu dritt erlebt das Gespann einige Höhen und Tiefen. Karl bleibt immer der Kopf der Bande, er will nach oben, hoch hinaus. Zusammen mit Kalli gründet er einen Gepäckbeförderungsbetrieb an den Berliner Bahnhöfen und arbeitet sich von ganz unten empor.
Neben dem Geschäftlichen sind es immer wieder die zwischenmenschlichen Begebenheiten, die sein Leben zum Guten oder zum Schlechten ändern. Auf seinem Weg findet er ein paar wenige gute Freunde und ein paar mehr Feinde, landet in Schwierigkeiten, doch hat immer wieder noch eine rettende Idee. Einfach ist es aber nicht, die Ideen bewahren ihn nicht vor großen Verlusten, privat wie geschäftlich muss er einige Male von vorne anfangen.
Das Buch ist von Anfang an spannend, was es leicht gemacht hat, weit über 10 Seiten täglich zu lesen. Die Spannung zieht sich durch das gesamte Buch, immer wieder gibt es Überraschungen. Was es anfangs jedoch erschwerte, einfach alles nacheinander weg zu lesen, war die Tatsache, dass Rieke als waschechte Berlinerin natürlich berlinert. Zwar verstehe ich den Dialekt, doch ist es mühsam, seitenlang dialektische Sprache zu lesen. Dem Lesevergnügen an der Handlung, meiner Neugier zu erfahren, wie es weiter geht und was als nächstes kommt, tat dies jedoch keinen Abbruch.
Besonders gefällt mir an Falladas Romanen, dass die Handlungen immer an der Geschichte angelehnt sind. Die Zustände um den ersten Weltkrieg, den Einzug Karls ins Kriegsgeschehen, Wirtschaftskrisen und wirtschaftlichen Aufschwung, sind wunderbar in die Handlung eingearbeitet und bieten einen Erwartungsrahmen, der gut bedient wird. So liegt der Erfolg niemals allein in Karl Siebrechts Handlungen, er ist nicht seines Glückes alleiniger Schmied, sondern er ist auch den irdischen Gegebenheiten unterworfen, wirtschaftliche wie menschliche Stimmung in der Bevölkerung während und zwischen Krisenzeiten haben einen Einfluss auf sein Tun, was das Buch glaubwürdig macht. Es könnte genau so geschehen sein, nie hält er allein die Zügel der Welt in der Hand. Charakterentwicklungen sind nicht nur bei Karl, sondern auch bei seinen Wegbegleitern gut dargestellt und wirken natürlich.
Es ist ein würdiges erstes Buch in diesem Jahrzehnt, ich bin froh, es gelesen zu haben und ich empfehle es heiß weiter.