Wenn in einem Seminar das Wort Gruppenarbeit fällt, kann ich nicht anders, als genervt aufzustöhnen und mir den sofortigen Tod durch Hirn- oder Blitzschlag zu wünschen. Schaue ich durch das Plenum, gibt es gemischte Reaktionen: einige (vernünftige!) tun es mir gleich und buddeln sich zumindest gedanklich schonmal ihr schwarzes Loch, in das sie sich verkriechen möchten. Andere bleiben stoisch sitzen und starren den Dozenten an; vermutlich haben sie sich einfach in ihr Schicksal gefügt. Und wieder andere möchten schier in Glücksfontänen emporsprudeln und sich ein, zwei Bäume zum Umarmen und Liebhaben suchen.
Die letzte Gruppe kann mich nicht verstehen. Viele, die zu dieser Gruppe gehören, sind aber auch noch Frischlinge in den ersten ein, zwei Semestern. Bekommt ein solches Bambi meine Reaktion mit, sieht es mich mit seinen großen Rehaugen an und faselt etwas wie „Aber warum? Gruppenarbeiten sind doch schön! Arbeitsteilung! Weniger Arbeit pro Person!“
DENKSTE! Denn -und da möchte ich ganz pragmatisch sein, wer also noch rosarote Studienanfangsträume hat, der sollte jetzt woanders hinschauen, als auf den Monitor- in einer Gruppenarbeit sieht es doch immer gleich aus: einer macht alles, einer macht gar nix und der Rest malt bunt aus. Oder so.
Ich bin dummerweise immer diejenige, die alles macht. Ich nehme mein Studium ernst (manchmal vielleicht zu ernst, an anderen Punkten aber nicht ernst genug) und will sowohl vor anderen Studenten als auch vor Dozenten eine gute Figur machen. Es gibt für mich nicht viel, das schlimmer ist, als Unwissen zuzugeben. Und genau deswegen will ich etwa ein Referat immer perfekt gestalten und wenn ich das Thema verstanden habe, dann möchte ich es auch so erklären, dass auch die anderen es verstehen, schließlich soll meine Arbeit ja auch einen Sinn gehabt haben. Und ich erkläre auch gerne, wenn ich sehe, dass es klick macht. Und sollte das nur bei einer Person der Fall sein, dann bin ich zufrieden.
Heute sollte ich mit einer Kommillitonin zusammen ein Referat halten. Thema war der Wertbildungsprozess in Georg Simmels „Philosophie des Geldes“ von 1900. Wer sich damit schonmal befasst hat, weiß, was für harter Tobak dieses Werk ist und wer Simmel kennt weiß ohnehin, wie kompliziert er formuliert und zu interpretieren ist. Wer sich traut kann ja auch mal auf den Link klicken und sich durchquälen reinlesen.
Ich hatte nicht viel Zeit für dieses Referat, weil ich auch für andere Seminare noch einige Aufgaben zu erledigen hatte, doch da ich ja eine Referatspartnerin (nennen wir sie jetzt einfach Charlotte) hatte, sollte es noch machbar sein. So quälte ich mich durch den Text, interpretierte, analysierte, phantasierte und versuchte zu verstehen. Und vor allem herauszufinden, wie man das in einem kurzen Vortrag bloß erklären soll. Charlotte meldete sich nicht. Mir wurde mulmig.
Gestern stand ich früh auf, um mich weiter drum zu kümmern, denn ein Handout sollte außerdem angefertigt werden. Charlotte meldete sich noch immer nicht. Mir wurde noch mulmiger. Gegen Mittag überlegte ich, ob ich es notfalls allein halten könnte. Mir wurde kotzübel. Klar, alleine wäre schon gegangen, aber DEN Text? ALLEINE?!
Ein bisschen knurrig wurde ich dann doch. Sie wollte sich melden und tat es nicht…
Endlich, um halb 4 am Nachmittag (!) schrieb sie mir eine Mail, in der sie mir erklärte, dass sie zur Walpurgisnacht ausgegangen war und gerade erst aufgestanden sei. Das war so eine Nachricht, für die ich gern durch das Internet geschlüpft wäre, um sie anzubrüllen. Versteht mich nicht falsch. Mir ist es wumpe, ob jemand weg geht und bis Nachmittag pennt. Aber wenn ich mich auf diesen Jemand verlasse und mit ihm zusammen einen Vortrag vorbereiten soll, dann hat er sich gefälligst auch zu kümmern! Ich war schließlich selber weder zur Walpurgisnachtfeier gegangen, noch habe ich an den Veranstaltungen des 1. Mai teilgenommen, die ich schon letztes Jahr sausen lassen musste…
Long story short: Ich saß dann noch bis 22Uhr dran, also fast 12 Stunden und sie wollte über Nacht ihren Teil beitragen. Das hat sie ganz gut hinbekommen, was ich ihr lassen muss, auch wenn ihr Verhalten bis dahin wirklich nicht gruppentauglich war.Und heute Morgen war sie dann zu spät.
Solches „Glück“ habe ich mit Gruppenarbeiten irgendwie immer. Selbst wenn es gut anfängt, gibt es dann immer irgend einen Punkt, der einfach nicht okay ist. Ob es die unabgesprochene Abänderung eines Textes ist, plötzliches Abspringen eines Gruppenmitgliedes, Änderungen im Vortragsablauf oder sonstwas. Es kotzt mich an. Und genau
Deswegen!
hasse ich Gruppenarbeiten in der Uni. Und ich werde auch niemals ein Fan davon werden.
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