Wie es geht

„Gut“ antworte ich.

„Scheiße“ denke ich.

Beides ist nicht ganz richtig, aber auch nicht ganz falsch. Eigentlich fühle ich aktuell einen Mischmasch aus sich teils entgegengesetzten Gefühlen. Unlust und Widerwille vor der Arbeit, Resignation bis Gleichgültigkeit währenddessen und danach … ja danach? Das ist die Frage, die ich mir selbst noch stelle. Wie geht es mir sonst?

Urlaubsbedingt (der Urlaub der KollegInnen natürlich) habe ich zur Zeit nur jeden 3. Samstag frei statt wie üblich jeden 2. Das ist normal, da muss ich durch, es kommt auch wieder besser. Hoffe ich doch? Dennoch zehrt dieses Dauerarbeiten -und das ist es, denn an einem einzigen freien Tag in der Woche kann man NICHT ausreichend entspannen- sowohl an den Kräften als auch am Wohlbefinden. Die Sprünge zwischen Früh-, Spät- und Nachtschicht tun ihr übriges, muss ich nunmal einspringen wo Not ist, als Kinderlose.

Ich fühle mich matt, müde und ausgelaugt. Gleichzeitig werfe ich mir ebendies vor, denn mal ehrlich: ich arbeite nicht Vollzeit und die Vollzeitarbeitenden bekommen es doch auch hin? Teilzeit kann man es aber auch nicht nennen, denn für die Zuordnung zu Teilzeit sind es doch zu viele Wochenstunden. Ich dümple also in meiner Nicht-Vollzeit-Nicht-Teilzeit-Beschäftigung, die nicht einmal eine besonders schwere oder schlimme ist, vor mich hin, schlafe beschissen und fühle mich matt. Nach nicht einmal 3 Monaten. Großes Kino, Nickel. Ganz großes Kino.

Doch stelle ich fest, dass besonders in Phasen mit „normallangen“ Arbeitstagen meine Stimmung so heftig abfallen kann, dass ich die Zeit bis zum nächsten Therapietermin als quälend lang empfinde. (Die Therapiekostenübernahme wurde indes bewilligt.) Montag der nächste Termin und ich freue mich und ängstige mich gleichermaßen davor. Wobei Angst auch nicht ganz zutrifft, denn der Grund für das unangenehme Gefühl ohne Namen geht von mir selbst aus. Sage ich diesmal, wie es mir wirklich geht, auch wenn ich es gar nicht in Worte fassen kann, oder geht es mir in dem Moment wieder „okay“ genug, um zu sagen, dass es mir „ganz gut“ geht? Das ist ja nicht einmal gelogen (ich habe mir geschworen, der Therapeutin IMMER die Wahrheit zu sagen, auch wenn sie unangenehm, peinlich oder schmerzhaft ist), aber eben anders als ich jetzt gerade in diesem Augenblick, da ich diese Zeilen schreibe, fühle.

Und diese Beobachtung mit den „normallangen“ Arbeitstagen stellt in mir die Frage: Bin ich wohlmöglich jetzt, nach fast 6 Jahren, noch immer nicht ausreichend rehabilitiert, um einem „normalen“ Arbeitsverhältnis nachzugehen? Bin ich nicht voll erwerbsfähig? Hab ich eigentlich völlig einen an der Waffel, dass ich mir wegen der paar Arbeitsstunden am Tag so das Hemd vollmache?

Wenn mich also jemand fragt, wie es mir geht, dann ist die einzig ehrliche Antwort: ich weiß es nicht. Ich bin zerrüttet. Ich stehe im Zerwürfnis mit mir selbst. Großteils ist es mir auch egal, denke ich nicht darüber nach. Manchmal fühle ich mich leer, oft erschöpft, gelegentlich grummelig, häufig genervt, meistens gleichgültig, aber eigentlich lache ich auch viel und das nicht gespielt. Und ich liebe, denn ich fühle mich dem Liebsten so nah wie nie.

Und ich bin dankbar dafür Freunde zu haben, die meine emotionale Verwirrtheit akzeptieren und notfalls einfach nochmal fragen.

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Magersucht bei Kindern

Ein sehr ernstes Thema!

Es erschien in den Top-Suchen, mit denen jemand auf diesen Blog gefunden hat. Ich weiß nicht warum. Vielleicht wegen des Beitrags über Lookism, ich kann es nicht genau sagen.

Jedoch möchte ich das Thema kurz aufgreifen. Man könnte sicherlich ganze Bücher damit füllen.

Mich interessiert hierbei am meisten: woher kommt dieses Problem und was kann man dagegen tun?

Ursachen sucht man als Soziologe -und als dieser verstehe ich mich mittlerweile- auf Mikro- und Makroebene (und auch in der Mesoebene.)

Auf der Makroebene wären da die falschen Körperbilder, die uns tagtäglich eingebläut werden in Werbung, Fernsehen und Co. Schlank sein ist schön, dünn sein ist Erfolg, dünner als andere zu sein ist willensstark und ausdauernd. Wer dem nicht entspricht gilt als schwach und faul; oft assoziiert man (unbewusst) Übergewicht mit Dummheit. Wer schön ist, darf ruhig dumm sein, wer dumm ist, sollte lieber schön sein.

Daraus resultieren Konkurrenz und Anfeindungen in und zwischen Personengruppen. Das trifft besonders junge Menschen, die sich noch definieren müssen und eine Orientierung brauchen. Es braucht in einer Schulklasse nur ein einziges Kind, das andere wegen ihres Aussehens hänselt oder ausgrenzt, um in einigen derart starke Selbstzweifel auszulösen, die sie das ganze Leben lang in Form von Persönlichkeitsproblemen oder gar -störungen begleiten können. Wichtig ist hier der Begriff der Resilienz. Resilient zu sein heißt, auch mit widrigen Umständen klarzukommen und sie verarbeiten zu können, ohne dabei einen (psychischen) Schaden zu nehmen. Jeder Mensch hat ein individuelles Maß an Resilienz, der eine hat mehr und der andere eben weniger. Innerhalb des Lebens kann sich dieser Wert ändern. Ein Kind aber, das am Anfang des Lebens steht und noch nicht viele Erfahrungen und somit Widerstände (Hilfstechniken) entwickelt hat und außerdem über eine geringe Resilienz verfügt ist sehr angreifbar für solche äußeren Einflüsse.

Wir wissen alle, wie leicht beeinflussbar Kinder sind. Was man ihnen sagt, glauben sie. Und wenn das Fernsehen ihnen in mehr oder minder unterschwelligen Botschaften sagt, dass man schlank sein muss, um geliebt zu werden, ja dann glauben sie auch das. Kinder schauen sich aber auch viel von ihrem näheren Umfeld ab. Gerade wenn die Mutter oder eine große Schwester ständig bemüht sind, abzunehmen und gut auszusehen,  sendet das mitunter fatale Signale an ein Kind.

Es gibt aber auch ziemlich kranke Jugendbewegungen, die das krankhafte Dünnsein zelebrieren. Ich spreche hier vor allem von Pro Ana. Mitglieder dieser Bewegung zwingen sich absichtlich zur Magersucht und/oder Bulimie, stacheln sich noch gegenseitig an, sind sehr streng und verlangen viel Einsatz von anderen Mitgliedern ab. So gibt es etwa eine Onlinecommunity, bei der man nicht nur beweisen muss, dass man bulimisch ist, sondern auch täglich Bilder von seinem dünnen Körper hochladen muss. Wer isst, wird gnadenlos gemobbt. Wer zunimmt, fliegt raus.

Damit wären wir auch schon bei der Mikroebene angekommen. Im Umfeld eines Kindes kann sich sehr viel tun. Dabei nimmt es mehr wahr, als man glauben könnte. Kinder sind oftmals noch viel sensibler in der Wahrnehmung ihres Umfeldes (während man als Erwachsener manchmal erst innehalten muss, um sich zu öffnen und empfänglich zu sein.) Es gibt Situationen, die ein Kind stark beeinträchtigen können. Trennung der Eltern, Tod eines Verwandten, Gewalterfahrungen. Aber auch „normale“ Umstände wie die Pubertät und die damit einhergehenden Veränderungen in Körper und Psyche (->Hormone) sind für manche Kinder ein großes Problem. Kommen hierzu noch gesellschaftliche Pressalien, kann sich das durchaus in krankhaftem Verhalten äußern. Es gibt wohl auch genetische Veranlagungen, die den Ausbruch z.B. von Magersucht begünstigen. Kommt das außerdem hinzu, ist ein solches Krankheitsbild sehr wahrscheinlich.

Magersucht bei Kindern kann also viele Gründe haben, oft ist das etwas Individuelles, das aber im Allgemeinen Schnittmengen aufweisen kann. So sind Kinder aus prekären Verhältnissen eher gefährdet als solche, die in einem stabilen, liebevollen Umfeld aufwachsen. Doch selbst bei letzteren gibt es Faktoren, die für sensible Kinder Auslöser darstellen können.

Bleibt die Frage, was man tun kann, wenn ein Kind Tendenzen zur Magersucht oder gar schon ein fortgeschrittenes Krankheitsbild aufweist.

Der erste Schritt ist sicherlich die Ursachenforschung, wie bei jedem anderen Problem auch. Hierzu sollte man sich definitiv professionelle Hilfe suchen, denn oft hindern Scham oder Angst betroffene Kinder davor, ihre Beweggründe offen zu legen. Sehr oft ist den Klienten auch gar nicht bewusst, woher ihr Verhalten kommt oder was überhaupt mit ihnen los ist. Es ist wichtig, sie darüber aufzuklären, was los ist und wohin sie das führen kann. Genauso wichtig ist es, sie zu verstehen und wirkliche Hilfe anzubieten. Verbote und Strafen sind genau der falsche Weg. Auch überstreng oder permanent kontrollierend zu sein kann das Problem verschlimmern. Denkt daran, dass es sich um eine Krankheit handelt, die oft psychische Aspekte beinhaltet. Macht keine Vorwürfe, übt keinen negativen Druck aus. Sätze wie „Wenn du das jetzt nicht isst, bekommst du 2 Wochen Hausarrest“ sind Moppelkotze. Gleich doppelt: zum einen wird ein negativer Druck ausgeübt, der das Kind fragen lässt, ob es dann auch nicht mehr geliebt wird. Zum anderen wird Essen mit etwas Negativem konnotiert. Es wird zu einer Notwendigkeit, einem Zwang, einer Qual. Und niemals, NIEMALS! droht mit Liebesentzug. NIE!
Es gibt so viel zu beachten; das kann ich alles gar nicht aufzählen. Gerade deshalb möchte ich allen Betroffenen (Angehörigen) ans Herz legen: sucht Hilfe! Je länger ihr wartet, desto schlimmer wird es! Hilfe gibt es bei Psychotherapeuten, Suchtberatern und beim Hausarzt. Wenn man gar nicht weiß, wohin man soll, geht zum Hausarzt. Und wenn der nicht hilft, dann scheut nicht davor, euch ans Jugendamt zu wenden. (Und den Arzt zu wechseln.) Die werden euch die richtigen Beratungsstellen nennen können. Habt keine Angst vor Strafen, denn die gibt es nicht. Sie werden euch das Kind nicht wegnehmen!

Besser als Nachsorge ist natürlich immer die Vorsorge.

Wie so oft gilt hier: Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung! Hier sollten sowohl Schule als auch Elternhaus und Freizeitpädagogen (im Sinne von Vereinen, Jugendclubs etc.) offen sein und zusammen arbeiten. Setzt euch zusammen mit dem Kind kritisch mit dem Schönheitsbild der Medien auseinander. Achtet auf Äußerungen der Kinder. Schaut nach, was für Internetseiten die Kinder besuchen und welche Sendungen sie sehen. Diskutiert ruhig auch mal über GNTM und wie diese ganzen Modelshows heißen. Und auch wichtig: achtet auf euch selbst. Selbstsicherheit mit dem eigenen Körper wirkt sich auch gut auf eure Kinder aus, denn es zeigt: Aussehen ist nicht so wichtig, dass sich ständig alles darum drehen muss.

Aber auch wenn man sich alle Mühe gibt, immer ein gutes Vorbild zu sein, so lässt es sich manchmal einfach nicht vermeiden, dass sich Störungen entweickeln. Manchmal ist der Druck der Peergroup einfach zu groß und die Verführung zu stark. Macht euch keine Vorwürfe, wenn es zum Äußersten kommt. Sie helfen euch auch nicht weiter. Konzentriert euch darauf, dem Kind zu helfen, wenn es Hilfe braucht. Aber lasst auch nicht immer alles darum kreisen, denn dann verpasst ihr die guten Dinge im Leben, die sich eben auch trotz einer Erkrankung ereignen können.

So, jetzt habe ich doch wieder einen riesen Artikel draus gemacht. Dabei wollte ich nur kurz etwas schreiben. Ich bin dann mal wieder lernen.

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Über Migräne

Ich habe ja schon einmal erwähnt, dass ich selber Migränikerin bin und ich weiß, wie viele ebenfalls darunter leiden. Und da ich vor 2 Jahren bei einer Migräne-Woche vom Mitteldeutschen Kopfschmerzzentrum dabei war und neulich beim Frühjahrsputz meine Aufzeichnungen von dort wiedergefunden habe, möchte ich nun nicht nur das Leiden, sondern auch mein Wissen mit euch teilen.

Was ist Migräne?

Migräne ist ein mittel bis sehr starker, einseitiger Kopfschmerz, der in mehreren Phasen abläuft. Zur Vorphase gehören oft Hungerattacken, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und Reizbarkeit. Oft denken viele, dass der Schokoladen-Fressanfall die Migräne ausgelöst hat, aber in Wahrheit ist sie da schon längst da.

Danach oder auch währenddessen tritt die Auraphase auf. Nicht jeder hat eine Migräne mit Aura, nach Angaben des Kopfschmerzzentrums haben die wenigsten eine Aura. Aber wenn ich ehrlich bin, haben von den Migränikern, die ich kenne (und das sind viele!) fast alle eine Aura.
Die Aura äußert sich ganz unterschiedlich. Zu den häufigsten Symptomen zählen etwa

  • Sehprobleme
  • Denkstörungen / Verwirrtheit
  • Schmerzen im Rücken/ Nacken oder anderen Körperteilen
  • Sprechprobleme
  • Geruchskasper, wie ich sie nenne, sprich: man riecht etwas, das gar nicht da ist
  • Angstattacken
  • Kribbeln in den Gliedmaßen
  • etc.

Die Symptome können sehr vielfältig sein und zum Teil richtig heftig. Ich erinnere mich an einen sehr extremen Anfall, bei dem ich total verwirrt war und mich nicht artikulieren konnte. Ich habe gerade so nach Hause gefunden und bin dort sofort ins Bett gefallen.
In der Aura kann es zu Ausfällen bis hin zum Koma kommen. Man sagt Aura-Migränikern auch ein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall nach. Leider helfen keine Medikamente in dieser Phase. Und man soll sie auch nicht unbedingt dann einnehmen, denn während der Auraphase ziehen sich die Blutgefäße zusammen und Triptane, zu denen ich im Therapie-Abschnitt kommen werde, ziehen sie Blutgefäße ebenfalls zusammen, da sie für die Hauptphase konzipiert sind, in der sich die Blutgefäße weiten.

Nach der Auraphase, die mit etwa 5 bis 60 Minuten veranschlagt wird, folgt die Schmerzphase. Die kennen wir alle. Man möchte sich den Kopf abreißen. Wenn es besonders schlimm ist, stelle ich mir vor, wie gern ich ein Loch in den Schädel bohren würde, um den Druck loszukriegen.
Man ist geruchs-, geräusch- und lichtempfindlich, Berührungen tun weh. Die Schmerzphase kann sich bis zu 3 Tage hinziehen und oft ist man da genauso wenig zu gebrauchen wie in den Phasen zuvor. Sowohl in der Aura- als auch in der Schmerzphase kann starke Übelkeit auftreten. Das kommt daher, weil im Hirnstamm, wo die Migräne abläuft, auch das Brechzentrum liegt.

Zum Schluss kommt noch die Nachphase, die im Grunde so aussieht wie die Vorphase.

Migränephasen
Migränephasen

Entstehung

Migräne entsteht durch Überflutung des Gehirns. Meist hat man Stress, den man nicht verarbeiten kann, ist dünnhäutig, reizsensibel oder macht viel gleichzeitig und überfordert sich total. Dem Gehirn wird das irgendwann zu viel und es kippt sozusagen den FI-Schutzschalter um, schaltet sich also ab um sich zu schützen. Der Körper zeigt dadurch, dass ihm zu viel zugemutet wurde und man sich zurück nehmen muss. Eigentlich ist das doch ziemlich genial, oder nicht?

Man unterscheidet bei Reizen in Auslöser und Auffüller. Um das zu verstehen, stellt euch am besten ein Fass vor, das für eure Körperkräfte steht. In das Fass passt viel hinein. Ärger, Sorgen, alles in einem gewissen Maß verkraftbar. Doch dann kommt ein letzter Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt und die Migräne findet statt.

Aber wie kommt es zur Überschwemmung? Nun, da gibt es die Auffüller, die das Fass vorab befüllen. Dazu gehören etwa Zucker, Lärm, Medikamente, Gerüche, Rauchen, Alkohol, grelles Licht, Wetterwechsel, Traurigkeit und so weiter. Irgend etwas davon ist ja eigentlich immer, zumal sogar Euphorie zu den Auffüllern zählt. Wenn zu viele davon auf einen einströmen, dann können sie Migräne auslösen. Man sagt, dass ca. 90% der migränerelevanten Reize Auffüller sind. Wichtig ist: sie können, aber müssen nicht Migräne verursachen.

Dann gibt es da aber noch die Auslöser. Auslöser sind Dinge, die in jedem Fall zu Migräne führen, egal wie voll das Fass ist. Dazu gehören Hormonschwankungen (wie etwa während/vor der Menstruation, weshalb manche Frauen dann generell Migräne bekommen; die Pille kann aber auch beitragen!), Depressionen, Rhythmusschwankungen wie Schlafmangel, Essprobleme und Anspannung, bei manchen auch Wetterwechsel und grelles Licht und Stress und außerdem Glutamat in Massen. Migräniker sollten also davon absehen, häufig glutamathaltiges Essen zu konsumieren. Ein paar Begriffe tauchten in der Auffüller-Liste schon auf. Das ist so, weil sie bei den einen definitiv Migräne auslösen und bei den anderen eben nur manchmal. 10% der migränerelevanten Reize sind Auslöser. Klingt nach nicht viel, kann aber doch eine ganze Menge sein.

Migränefässchen
Migränefässchen

Anatomisches

Mich hat immer sehr interessiert, was genau im Körper abläuft und da es uns wirklich schön erklärt wurde, versuche ich, das hier wiederzugeben.

Wenn das Fass überläuft, das Hirn also übererregt ist, dann verbrauchen sich seine Energiereseven. Das führt zum Kurzschluss. Dieser Kurzschluss findet in einer Welle auf der Hirnrinde (wo die Nerven liegen) von hinten nach vorne statt. Währenddessen werden einzelne Nerven quasi kurz abgeschaltet, damit sie sich erholen können. Daher haben wir dann auch gewisse Ausfälle. Wenn wir also nichts sehen können, ist die Welle gerade bei der Region angekommen, die für das Sehen zuständig ist. Man nennt das spreading depression oder neuronale Trägheit – die Reizübertragung erfolgt einfach sehr langsam.

Diese Welle merkt man nicht. Was man aber sehr wohl merkt ist der pochende Schmerz auf einer, selten auf beiden Kopfseiten. Wie schon erwähnt weiten sich die Blutgefäße. Stellen wir sie uns als ein Stromkabel vor: die Blutgefäße sind gebündelt wie die Kupferdrähte in einem Stromkabel, drumherum ist eine dünne Haut, sozusagen die Isolierung. Wenn die Gefäße sich nun weiten, wird der Platz zu eng und sie reiben und stoßen aneinander, wenn das Blut hindurch gepumpt wird. Das ist auch das Pochen, das wir spüren.

Therapie

Wie schon erwähnt, kann man in der Auraphase leider nicht viel machen und gegen die Ausfälle schon gar nicht.

Allerdings kann man die Schmerzphase erheblich verkürzen. Es gibt Triptane, die eigens für Migräne entwickelt wurden und die in der Schmerzphase erweiterten Blutgefäße wieder zusammenziehen. 7 verschiedene Triptane sind bisher erhältlich, als Tablette, Lutschtablette oder Zäpfchen – oder sogar zur nasalen Darreichung:

  • Sumatriptan
  • Zolmitriptan
  • Naratriptan
  • Rizatriptan
  • Almoltriptan
  • Eletriptan
  • Froratriptan

Man kann also ausprobieren, welches man verträgt und welches nicht. Aber ich möchte euch warnen: eine Unverträglichkeit gegenüber eines Triptans kann teilweise noch schlimmer sein als die ganze Migräne. Ich habe es erlebt und es war wirklich die Hölle! Also seid vorsichtig damit! Es ist ohnehin verschreibungspflichtig und das ist auch gut so. Nicht jeder ist damit richtig aufgehoben. Sie empfehlen sich aber bei schweren Attacken. Sofern man sie wie gesagt verträgt. Wenn ihr euch dafür interessiert, fragt euren Arzt mal danach. Die Kosten übernimmt die Krankenkasse übrigens in manchen Fällen vollständig. Manchmal muss man aber größere Teile selbst bezahlen. Zudem ist man auch davon abhängig, welches Mittelchen gerade im Vertrag ist.

Neben den Triptanen kann man auch auf Aspirin, Diclofenac-K, Paracetamol oder Ibuprofen zurückgreifen, zusätzlich kann ein Mittel gegen Übelkeit wirken. Sprecht das aber unbedingt mit dem Arzt ab. Zu viele Schmerztabletten können nämlich wieder selber zu Kopfschmerzen führen, man spricht dann von medikamenteninduziertem Kopfschmerz. Man sagt, dass man an nicht mehr als 10 Tagen im Monat und nicht länger als 3 Tage hintereinander Schmerzmittel nehmen sollte. Die Angaben können variieren, Fakt ist aber: wer ständig Schmerzmittel nimmt, bekommt irgendwann davon Schmerzen. Und das wäre ja sehr destruktiv. 😉

Vorbeugung

Migräne kann man nicht immer verhindern und leider ist sie auch nicht heilbar. Aber sie kann doch stark reduziert werden. Zunächst ist es wichtig, seinen Lebensstil zu überprüfen: nimmt man sich genügend Pausen, damit der Körper sich wieder aufladen kann? Hat man viel Stress? Isst man gesund? Trinkt man viel Alkohol? Raucht man viel? Und wie sieht es mit Bewegung aus?

Wenn man hier mal näher hinschaut, kann man schon viel bewirken. Sich zurücknehmen etwa, weniger mit Aufgaben vollladen, weniger rauchen und Alkohol trinken, mehr bewegen. Man sollte lernen, Nein zu sagen, besser planen, auch einmal Aufgaben abgeben, zeit für sich selbst nehmen. Prioritäten zu setzen ist ebenso wichtig wie einen guten Rhythmus zu finden. Was ich aber auch empfehlen kann: positive Aktivitäten sowie Entspannungsübungen und Sport. Hilfreich etwa: PMR. Heißt ausgeschrieben progressive Muskelrelaxation, also progressive Muskelentspannung. Das kann man ganz einfach erlernen, etwa beim Ergotherapeuten oder auf Youtube. 😉
Gymnastikübungen sind auch toll. Mir persönlich hilft Pilates weiter.
Magnesium kann übrigens auch Wunder wirken. Mein Arzt riet etwa zu 2 mal 300mg täglich. Aber auch hier muss natürlich jeder selbst sehen, was zu ihm passt.

Es gibt auch Medikamente zur Vorbeugung von Migräne. Aber auch damit rate ich, vorsichtig umzugehen. Sie sollten eine Art letzte Instanz sein, wenn alles andere nicht hilft. Auch hier gilt: sparsam sein mit Medikamenten. Nicht alles lässt sich mit Wunderpillen lösen.

So oder so: Die Vorbeugung dient dazu, die körpereigene Toleranzgrenze zu erhöhen, aber auch ab und an etwas aus dem Fässchen wieder ablaufen zu lassen, damit es nicht so schnell überschwappt. Versucht es selbst, mir hat es sehr geholfen. Und wenn es euch doch einmal niederreißt: legt euch ruhig ins Bett, zieht die Vorhänge zu und gönnt euch Erholung! Schließlich will der Körper damit etwas sagen: Mach mal langsam, schalt mal runter!
Lasst euch nicht von anderen piesacken oder bedrängen. Wer es nicht selber hat, der kann sich nun einmal nicht vorstellen, wie schlimm Migräne sein kann. Jeder ist mal krank und braucht Ruhe und ein wenig Zeit. Ob das nun Schnupfen, Grippe oder ein Migräneanfall ist, sollte dabei keine Rolle spielen! Passt auf euch auf, schließlich seid ihr diejenigen, die euer Leben führen und niemand anderes. Man hat schließlich nur einen einzigen Körper. Und denn will man doch nicht kaputtmachen. 😉

Nachtrag

Ich gebe keine Garantie darauf, dass das alles zu 100% stimmt, denn ich bin weder Arzt noch Apotheker. Jedoch habe ich das alles nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Sollten euch Unstimmigkeiten auffallen, sagt Bescheid.

Und nochwas: Ich bitte euch darum, bei Migräne auf jeden Fall einmal den Arzt aufzusuchen. Zum einen kann der einem dabei helfen und nochmal richtig aufklären und zum anderen können sich hinter vermeintlicher Migräne noch andere Dinge verbergen. In unserer Gruppe war etwa eine Frau, die Probleme mit dem Trigeminus-Nerv hat und daher oft unter Migräne leidet. Lasst es abklären, geht auf Nummer sicher.