Der Kaiser von China

Heute schlief ich aufgrund des Findens meiner Knock-Out-Dosis Ibuprofen einen sehr ungewöhnlichen Schlaf. Daher war wohl auch mein Traum so ungewöhnlich. Aber dennoch fand ich ihn so toll, dass ich ihn gerne mit euch teilen möchte.

 

Es war zu einer Zeit in China, als die Kaiser noch regierten. Die Felder waren breit, der Himmel weit und das Gras grün. Doch nur für die Obrigen, die Herren, die wenigen Wohlhabenden, deren Reichtum sich von Generation zu Generation auf dem Rücken der Anderen mehrte.

Diese Anderen, die waren arm, hatten Hunger, mussten hart arbeiten, um ihr Überleben zu sichern. In vielen Teilen Chinas war das Land karg und unfruchtbar, sodass das Essen nicht für alle reichte. Viele Kinder starben, noch bevor sie ihre ersten Worte sprechen konnten.

Auch fehlte es an Werkzeugen und trotz des Fortschritts in anderen Ländern lag China mit seiner technischen Weiterentwicklung 100 Jahre zurück.  Doch es gab einen Hoffnungsschimmer; einen blassen, aber doch existierenden kleinen Silberstreif am Horizont.

Der alte Kaiser, der sich nicht für die Belange der Armen interessierte, sondern lediglich für diplomatische Feinheiten, Verstrickungen und Intrigen mit anderen Reichen, starb unerwartet – ohne einen Nachfolger.

Und nur aus reinem Zufall, glücklichen Wendungen und weil er zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, wurde ein ganz einfacher Mann aus der unteren Schicht der Gesellschaft zum neuen Kaiser ernannt. Dieser Mann war intelligent und gewitzt und so spielte er sein Spiel des rechtmäßigen Kaisers so überzeugend, dass nie jemand Verdacht schöpfte.

Natürlich hatte er eine ganz andere Sicht auf alle Dinge als sein Vorgänger, der in einem glänzenden Sarg zu Grabe getragen wurde, doch dessen Schein bereits in der Nichtigkeit seines Amtes verblasst war. Der neue Kaiser entließ die in der Intrige geschulten Berater und stellte einen Schmiedesohn als Kriegsmeister, einen Metzgerssohn als Versorgungsmeister und einen Händlerssohn als Meister der Diplomatie ein.

Dies sorgte für Aufsehen in der Bevölkerung, denen der neue Kaiser gleich sehr sympathisch erschien, während es die Reichen erboste, die sich selbst einen Posten nahe beim Kaiser erhofften. Doch noch hatte dieser keinen Fehler, der eine Stürzung rechtfertigen würde, gemacht.

Der neue Kaiser verachtete alle Machtspiele und Hörigkeitsrituale. Er fand, dass die Reichen zu reich und fett und die Armen zu arm und ausgehungert waren. So erließ er eine Steuer auf alle Gelder, die ein Mensch in einem Leben ohnehin nie ausgeben konnte und verteilte diese als Leistungen zur Versorgung der Menschen. Dieser Schritt erzürnte die Obrigen noch weiter, obwohl ihnen genau betrachtet so wenig abgenommen wurde, dass es ihnen nicht wehtun könne. Noch immer hatten sie keine Handhabe, während der Kaiser ein ganzes Heer hatte.

Auch die Hörigkeit seines Heeres war etwas, das dem neuen Kaiser nicht in den Sinn eingehen wollte. Er hielt diese Rituale, Bräuche für unverdient. Ein Anführer müsse sich seine Loyalität erst verdienen, meinte er und so betrachtete er die Soldaten als Gleichgestellte – im moralischen Sinne.

An einem Morgen besuchte er sein Heer, welches sich selbstverständlich in Reih und Glied aufstellte und nicht mehr rührte. Er erkannte einen der Männer und fragte: „Du, dich kenne ich. War dein Vater, der leider nicht mehr unter uns weilt, nicht gebildet darin, wie man Windmühlen baut?“

Da es sich nicht geziemte für einen Soldaten, sich in einer anderen Sache als der Kriegskunst zu bilden -sein Vater war ebenfalls Soldat- streitete der Soldat dies ab. Der Kaiser ließ nicht locker, denn er wusste, der Vater musste seinem Sohn sein Wissen weitergereicht haben.

„Wenn ich dich losschickte, hinaus in die nächste Stadt und dir 100.000 Taler dafür gäbe, dass du eine Windmühle für mich errichten lässt, könntest du dafür Sorge tragen?“

100.000 Taler waren mehr, als ein ganzes Heer sich auch nur erträumen konnte und so ließ sich der Soldat nun doch erweichen, sein Wissen zu nutzen, um den Auftrag für seinen Kaiser auszuführen. Danach war er ein gemachter Mann und ein loyaler Freund des Kaisers, der es genoss, einfachen Menschen Macht zu geben um zu sehen, was sie damit leisteten.

Er ersann noch einige andere Projekte, die helfen sollten, das Leben der Menschen zu verbessern und ihnen Sicherheit zu geben. Sein Volk liebte ihn, die Obrigen hassten ihn, denn sie sahen ihre gehobenen Stellungen in Gefahr.

So forschten sie nach Gründen, den neuen Kaiser loszuwerden und durch einen Zufall, einen unglücklichen diesmal, wurde das Versehen bei der Ernennung des unrechtmäßigen Kaisers aufgedeckt.

Der neue Kaiser wurde hingerichtet und ein anderer, einer derer, die nur ihre Schätze im Sinne hatten, wurde wieder ernannt. Doch der Kaiser blieb den Menschen im Gedächtnis und im Herzen. Heimlich sangen sie auch Jahrhunderte später noch Lieder zu seinen Ehren und beteten für seine Rückkehr.

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