Jammern

Ich jammere. Du jammerst. Er/sie/es jammert. Ihr jammert, wir jammern und sie jammern auch. Alle jammern. Immer.

Ich habe manchmal das Gefühl, dass wir eine Kultur des Jammers sind. Wer jammert, bekommt Aufmerksamkeit. Wer von seinem Erfolg spricht dagegen Neid und Missgunst. Du Arschloch, ich jammere hier, also jammere gefälligst mit und bestätige mein Gejammere!

Für jammern kann man auch meckern einsetzen und erhält den gleichen Wahrheitsgehalt. Meckern geht nämlich auch grundsätzlich immer. Und es geht ja mit dem Jammern oft Hand in Hand.

Wenn man einmal ehrlich ist, ist jammern aber einfach nur blöd. Es bringt den Jammernden in eine defensive, passive und untergeordnete Position. Es verbreitet Missmut und Negativität. Und vor allem schiebt es Verantwortung weg.

Dabei ist keiner für einen verantwortlich – außer man selbst! Niemand steht da draußen bereit und wartet, dass er mein eigenes spezifisches Problem lösen kann. Das muss ich alleine. Selber.

Klar, wenn man nicht weiter kommt, ist es grundsätzlich nicht verkehrt, sich professionelle Hilfe von außen zu holen. Aber man muss dabei zwei Dinge bedenken. Erstens: man gibt seine Macht ab. Zweitens: Man muss dabei auch lernen, sich selbst zu helfen. Ein Berater, Therapeut etc., der einen nicht dazu befähigt, autonom zu sein und selbst tätig zu werden, ist nicht gut!

Ich verdeutliche das an einem Beispiel aus der Krankenpflege. STellen wir uns zwei Patienten vor, die mit gebrochenem Bein im Krankenhaus liegen und zwei unterschiedliche Pfleger haben.

Der Pfleger, der seinen Patienten von vorne bis hinten „verwöhnt“, ihn nichts selber machen lässt und alles für ihn erledigt, während der Patient immer brav im Bett liegen bleibt, der wird bald einen Patienten vor sich haben, der nichts mehr alleine machen KANN und sich helfen lassen MUSS. Seine Beinmuskulatur verkümmert und er kann nicht mehr richtig laufen. Er braucht für seine Wege eine Gehhilfe.

Der Pfleger aber, der seinen Patienten animiert und dazu anhält, all das selber zu machen, was er selber schaffen kann, der hat später einen selbständigen Menschen vor sich stehen, der keiner Hilfe mehr bedarf; der mit seinem vollständig geheilten Bein wieder durchs Leben hüpfen kann. Klar, der Weg dort hin ist hart und nicht selten voller Ärger und Wut, schließlich ist das alles anstrengende Arbeit. Doch wer ihn bis zu Ende geht und nicht aufgibt, belohnt sich am Ende selbst. Reichlich.

Und jetzt (m)eine Erkenntnis: in meinen persönlichen Belangen bin ICH mein eigener Pfleger. Ich muss mich selbst pflegen, mich animieren, mich in Bewegung halten. Dabei muss ich darauf achten, welcher Pfleger ich für mich sein will: bleibe ich passiv in meinem Elend liegen und meckere, während ich stagniere, oder packe ich meine Probleme aktiv an, kämpfe und gehe immer weiter, selbst wenn der Weg steinig und beschwerlich ist?

Eins weiß ich: Ich darf mich nicht mehr darauf verlassen, dass ich eines Tages von einem edlen Ritter in güld’ner Rüstung errettet werde.

Kein Jammern mehr. Kein Selbstmitleid. Kein Abschieben der Verantwortung. Kein Meckern. Kein Warten.

Ich werde jetzt aktiv. Ich löse meine Probleme jetzt eigenständig. Ich hoffe nicht weiter auf Erlösung. Ich nehme sie mir einfach. Und ich fange jetzt gleich damit an!

foto76 / freedigitalphotos.net
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