Unsere kleine Lockdown-Hölle

Disclaimer: Ich bin für einen harten Lockdown, von Anfang an. Es ist notwendig. Wir als Gesellschaft müssen alles tun, um die Zahlen der Infizierten und Toten runter zu bekommen.

Achja, der Lockdown. Wie ich ihn hasse. Von ganzem Herzen und jeden Tag etwas mehr. Wobei, stimmt nicht ganz. Manche Tage macht er mir so gar nichts aus, ich genieße und bin froh um ihn. So viel Zeit mit dem Kind, wann habe ich die im Leben denn noch einmal?

Aber es ist eben erzwungene Zeit, ohne Pausen, ohne Urlaub, ohne Wochenende und Nachtruhe. Ja, Elternsein ist ohnehin ein Rund-um-die-Uhr-Job. Das ist vermutlich allen klar, die Eltern werden oder werden möchten. Doch ich behaupte einfach einmal, dass niemand etwas wie diese Situation eingeplant hat. Ja, es gibt wohl auch Menschen, die sich dafür entscheiden, mehrere Jahre Hausmensch und Elter zu sein, aber da gibt es i.d.R. einen zweiten Elter mit geregelten Arbeitszeiten und Einkommen und vor allem ist es eben das: eine Entscheidung.

Die Maus war glücklich im Kindergarten, endlich angekommen. Sie hatte Freunde und Freundinnen gefunden und jeden Tag Spaß, war ausgelastet und gut drauf. Die Abwechslung, Gruppendynamiken, all das können wir ihr nicht bieten. Sie ist seit Mitte November zu Hause und müsste eigentlich DRINGEND mal wieder unter Kinder. Generell einfach andere Menschen, denn selbst zu meiner Mutter können wir nun ja auch nicht mehr, da sie mehr als 15km weg wohnt.

Ich finde diese 15km übrigens blöd. So, jetzt ist es raus. Klar, für manche Leute ist die Bestimmung dringend notwendig, weil die ihre Ärsche nicht zuhause lassen können. Aber die stehen eben jetzt in Gruppen weniger als 15km von zuhause und geben nach wie vor einen Scheiß auf Infektionsschutz, während Menschen wie wir, die wir uns von Anfang an an alle Beschränkungen und noch mehr gehalten haben, sich verarscht fühlen. Also ich tu das zumindest. Wofür war ich die letzten Monate denn brav zuhause, wenn ich jetzt nicht einmal mehr meine Mutter, meine einzige Kontaktperson außerhalb des Haushalts, sehen kann? Während andere Leute munter durch die Weltgeschichte reisten? Sogar im fucking Flugzeug! Ich empfinde das als sehr unfair.

Besonders traurig stimmt mich, dass das Baby kein „normales“ Leben wie vor Corona kennenlernen wird. Keine Babytreffen, kein Babyturnen oder ähnliches, keine Babymassage, keine Kurse. Immerhin, es hat eine große Schwester, das ist wohl besser als nichts. Aber ich hätte diesmal eben gerne ein paar Kurse mitgemacht, wofür ich bei der Maus damals nicht die Muße hatte. Ebenso wird es auch keine Exklusivzeit mit mir haben, da die Maus dann erst einmal nicht in den Kindergarten gehen sollte (denke ich zumindest aktuell) – das wird auch noch einmal interessant.

Impfen lassen kann ich mich dank der Schwangerschaft auch nicht, ebenso nicht die Kids. Das heißt, dass wir nach wie vor einem großen Risiko ausgesetzt sind und je weiter die Impfraten voran schreiten (was ich begrüße), desto mehr habe ich Angst, weil sich Menschen in Sicherheit wiegen werden, Beschränkungen, Masken, all das herunterfahren werden. Ich bin aber nach wie vor Risikoperson. Es macht mir Angst.

Von der Politik fühle ich mich verlassen und verarscht. AG werden lediglich „gebeten“ Menschen ins Homeoffice zu schicken, wo das möglich ist, aber Bitten bringt nichts. Dank der miserablen 90er-Jahre-Digitalisierung Deutschlands geht auch Homeschooling nicht, also bleiben die größten Seuchenherde geöffnet. So werden sich die Zahlen niemals nach unten verändern. Und das nur, weil man a) keine klaren Entscheidungen treffen möchte, um ja keiner Lobby ans Bein zu pissen und b) DiE WiRtScHaFt… Dabei hätte es der Wirtschaft sehr geholfen, gleich von Anfang an einen harten Lockdown zu fahren, statt über ein Jahr lang wochenweise mal hier, mal da zu schließen, statt einmal richtig.

Auch gegen Schwurbler, SARSlöcher und Blödsinns-Demonstrant:innen wurde nicht vorgegangen. Demos konnten monatelang trotz fehlender Masken und Abstand normal abgehalten werden, Maskenverweigerer wurden lediglich einmal gebeten doch Masken aufzusetzen, Dummschwätzer konnten sich Phantasieatteste ausstellen lassen….die Liste ist so lang.

Fakt ist: Nach der Pandemie müssen wir als Gesellschaft wirklich überlegen, wie wir mit diesen unsolidarischen Menschen in einer auf Solidarität aufgebauten Gesellschaft umgehen wollen und müssen. Ich schätze aber: da passiert nichts, business as usual.

Tja, nun sitzen wir also hier, unausgelastetes Kind, frustrierte Eltern und ich haue meinen Frust in die Tasten, weil mir sonst schließlich nichts mehr bleibt. Keine Gespräche mit Freunden und Familie, kein Entkommen. Vielleicht findet sich ja jemand wieder in meinen Gedanken oder kann zumindest dem Chaos eine gewisse Ordnung verleihen.

Ich hoffe euch geht es gut, ihr seid gesund un dreht nicht gar so sehr am Rad.

Das Bild zeigt ein Kunstwerk, bei dem verschiedene Farben wie rot, blau, pink und türkis verlaufen. Es soll Chaos symbolisieren.
Photo by Damir Mijailovic on Pexels.com

Ein Kommentar zu „Unsere kleine Lockdown-Hölle

  1. Gilt die 15 km-Regel in Thüringen früher? Lt. Pressekonferenz sollte das ja ab einer Inzidenz von 200 gelten, aber viele Bundesländer haben ja ihr eigenes Süppchen gekocht (BaWü z.B. hat das gar nicht umgesetzt).

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